Motorradtour Tessin
Motorradtour Infos
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Streckenlänge: 215 km
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Fahrzeit: ca. 4,5 Stunden
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Schwierigkeitsgrad: mittel
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Eckpunkte: Bellinzona, Biasca, Lukmanierpass, Disentis, Oberalppass, Andermatt, St. Gotthard-Pass, Airolo, Bodio, Biasca, Valle Verzasca
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Highlights der Motorradtour Tessin
Eine Motorradtour durch das Tessin offenbart mit italienischer Lässigkeit und Schweizer Perfektion zwei ganz unterschiedliche Charakterzüge.
Er nennt sich gerne die „mediterrane Seele der Schweiz“ – der Kanton Tessin. Und wer schon einmal im Frühling an einer der Uferpromenaden von Lugano, Locarno oder Ascona entlanggeschlendert ist, wird den Tessinern Recht geben.
Der Tag beginnt mit einem ausgedehnten Frühstück an der Morgensonne, geht in eine Motorradtour über und endet abends in den Straßen eines Städtchens, das nun zu neuem Leben erwacht. Selbst wenn die ganz großen Pässe fehlen – das Tessin macht im Motorradsattel viel Spaß. Was wir mit dieser Drei-Pässe-Runde beweisen.
Touren Beschreibung
Als Start- und Zielort dieser Runde haben wir uns Bellinzona ausgesucht, die wohl italienischste Stadt der Schweiz. Schattige Laubengänge, schmiedeeiserne Balkone, die Piazza Collegiata, eine großartige Mischung aus Schweizer Gründlichkeit und italienischer Lässigkeit. Aber das ist nicht der einzige Grund: Die Tessiner Hauptstadt liegt für uns Motorradfahrer strategisch günstig nahe der Alpenpässe Gotthard, San Bernardino und dem 1.914 Meter hohen Lukmanier. Und genau den nehmen wir jetzt ins Visier.
Die Reifen gleiten über rauen Asphalt, folgen den Windungen des Flusses Ticino, der dem Kanton Tessin (italienisch Ticino) seinen Namen gegeben hat. Rechts und links des Taleinschnitts strecken majestätische Berge ihre weißgepuderten Spitzen in den endlosen Himmel. Wir lassen es locker angehen und erreichen bald Biasca. Die Gemeinde, 19 Kilometer nördlich von Bellinzona, ist mit angenehm mildem Klima gesegnet, von Weinbergen und Edelkastanienwäldern umrahmt. Kleine Stadtrundfahrt im Sattel? Aber klar doch. Wenn man am Bahnhof vorbeikommt, kann man sogar den Wasserfall von Santa Petronilla sehen.
Weiter über Lottigna und Olivone ins Valle Santa Maria. Die Straße beschreibt hinter Olivone einen großen Bogen und gewinnt dann mit einigen Serpentinen an Höhe. Die Landschaft ist von mattenweichen Alpenwiesen geprägt, aus denen massenhaft hohe Tannen wie Stacheln herausragen. Kein Wunder, bedeutet doch lateinisch „lucus magnus“ großer Wald. Für uns bedeutet die Lukmanierstraße auf motorradfahrerisch „großer Spaß“.
Auf der Passhöhe angekommen, empfiehlt sich der Einkehrschwung ins Hospezi Santa Maria. Bei gutem Wetter sitzt man draußen, streckt das Gesicht in die Sonne, schlürft cremigen Cappuccino. Bei schlechtem Wetter genießt man die Behaglichkeit des Panoramarestaurants und macht sich über einen köstlichen Teller Bündnerfleisch her.
Die Abfahrt nach Disentis/Mustér verläuft durch das Val Medel. Auf den untersten drei Kilometern bildet das Tal eine enge Schlucht, nach 15 Kilometern erreichen wir den reizenden Kurort.
Abwechslungsreiche Bögen auf griffigem Asphalt bringen uns auf Höhe und die Maschine auf Touren. Sedrun, Tavetsch, Selva und Tschamut tauchen nacheinander auf. Eine letzte Serpentinengruppe, der Sattel des 2.044 Meter hohen Oberalppasses kommt in Sicht. Wir genießen den Rundblick. Atmen die klare Gebirgsluft tief ein und aus und stürzen uns dann in die ebenfalls variantenreiche Abfahrt nach Andermatt.
Das Bilderbuchdorf ist einen ausgiebigen Stopp wert. Es liegt eingebettet im karg felsigen Ursental, einem imposanten Hochtal, ist seit Jahrhunderten Kreuzungspunkt der Passrouten von Nord nach Süd, von West nach Ost. Zündschlüssel ab, Maschine auf den Seitenständer, Helm in die Armbeuge. Die Stiefel schlendern über Kopfsteinpflaster durch den historischen Ortskern. Unsere Augen surfen über verwitterte Holzfassaden, offene Lauben, die schwarzgrün gestreiften Fensterläden des Rathauses Ursenen. Wir zücken den Fotoapparat für die geranienumrankte Säule mit einem Bären drauf (lateinisch Ursus), für kunstvolle Gasthausschilder, eine wehende rote Fahne mit einem weißen Kreuz darauf. Danach empfiehlt sich eine Erfrischung auf einer der vielen Außenterrassen.
Durch die wilde Schöllenenschlucht nähern wir uns dem Gotthard. Seit im 13. Jahrhundert die Teufelsbrücke auf gewagte Weise über die Schlucht gebaut wurde, ist Andermatt an die Zivilisation angeschlossen, da somit endlich die Nord-Süd-Überquerung des Gotthards möglich war. Noch heute bekommt man ein mulmiges Gefühl, wenn in der engen Schlucht unter einem die Wassermassen tosen.
Die Gefühlslage ändert sich schlagartig auf dem 2.109 Meter hohen Gotthard-Plateau. „Mir ist’s unter allen Gegenden, die ich kenne, die liebste und interessanteste“, beschrieb Dichter Goethe die Umgebung des Gotthards. Kein Wunder, dass der Anblick des Gotthard-Sees und des Hospizes, umrahmt von einer rauen Felsenwelt, ans Gemüt geht.
Für die Abfahrt gibt es zwei Varianten. Die erste und fahrerisch spannendere ist die alte Gotthardstraße mit ihrem Kopfsteinpflaster und ihren engen Kehren. Die zweite verläuft auf der neuen Passstraße, die mit herrlichen, sauber gezogenen Kurven, teils ausgesetzten Stellen und tollen Blicken hinab nach Airolo verwöhnt. Laune machen sie beide. Geschmeidig folgt die Straße danach dem Valle Leventina und erreicht über das schnuckelige Bodio und Biasca wieder Bellinzona.
Ist am Nachmittag noch Zeit, empfiehlt sich ein Abstecher ins Val Verzasca. Wegen der einmaligen Atmosphäre in diesem der Welt entrückten Hochtal und wegen der Verzasca-Staumauer, mit 220 Metern die höchste der Welt. Erinnern Sie sich an die Eingansszene im James-Bond-Film „Golden Eye”, als Bond an einem Gummiseil von der Staumauer springt? Diesen Sprung kann man nachmachen (infos unter www.trekking.ch). Hat man ihn überstanden, ist der abendliche Spaziergang durch Bellinzona ein absolutes Muss. Dann werden nämlich seine drei Burgen romantisch von Scheinwerfern beleuchtet.