EIN BESUCH BEIM ALUBLECHKUNSTFORMER NORBERT BÜSCH
TEXT // MARKUS JAHN
FOTOS // JAHNPHOTOGRAPHY
... DER FÜR POLO EINE 1250ER BANDIT ZUM TRAUM-BIKE VORBEREITET. WER MACHT SICH IN ZEITEN VON SUPER-RECHNERN, ROBOTERN UND HIGHTECH-3D-DRUCKERN NOCH GEDANKEN ÜBER DIE HERSTELLUNG VON HANDWERKLICHEN UNIKATEN? FÜR EIN BESSERES VERSTÄNDNIS HILFT MANCHMAL DER WEG ZUM URSPRUNG.
Otto bekommt heute mal wieder richtig auf die Mütze. Bamm, bamm, bamm! Ein Hartholzhammer saust mit sauber geführter Hand rauf und runter. Otto, der kleine, schwere, mit Sand gefüllte Ledersack, hält auf dem Tisch liegend tapfer dagegen und macht ein freundliches Gesicht. Auf ihm liegt ein Alublech, das unter den Hartholzschlägen gezielt und gewollt Beulen bekommt. Blechbearbeitung ist harte körperliche Arbeit. Um das wortwörtlich abzufedern, braucht es einen wie Otto. Aber warum eigentlich der Name Otto? Norbert Büsch, Herr über Werkstatt, Hämmer und Ledersäcke, lässt einen Hosenträger seiner stramm sitzenden Arbeitslatzhose schnalzen und grinst: „Die Ledersäcke habe ich in unterschiedlichen Grössen und Formen anfertigen lassen. Jeder bekam dann einen Namen von mir – unter anderem auch Otto.“ Dann klopft Norbert weiter. Konzentriert, der Welt entrückt. Als wäre es eine Meditation. Aus einem ursprünglich flachen Blech entsteht ein in alle Richtungen angepasstes Kunstwerk. Dem faszinierten Beobachter, der sich schwertut, einen Nagel in die Wand zu kloppen, ist klar: Das kann und will jemand tun, dessen Gedanken und Fingerfertigkeit so etwas zulassen – der Rest der Welt begnügt sich eben demütig mit der Kleinkunst des Kronkorken-Öffnens. Norbert hämmert und hämmert. Genug Zeit, dem Blick in der Werkstatt freien Lauf zu lassen. Erstaunlich, welche Skulpturen sich aus Alu erreichen lassen. Höcker, Tanks, Verkleidungen, ja selbst einen kompletten Jet-Helm gestaltete Norbert schon aus einem einzigen Stück Blech. Kürzlich formte er eine Kleinserie Tanks für einen legendären Schweizer Motorradbauer, der demnächst mit seinen Zentralrohrrahmen auf den Markt zurück will.
DER POLO CAFÉ RACER
Von Norberts Sorte gibt es nicht so viele. Deshalb übt sich auch POLO gerne in Geduld, bis des Meisters Werk, die Büsch POLO Bandit, gediehen ist. Tank, Verkleidung, Höcker, Kotflügel, das muss aussehen wie aus einem Guss. Überhaupt – dieser Ehrgeiz, die Form zu erzwingen, da leuchten die Augen des spätberufenen Blechkünstlers. Vom Thema Motorrad ist der Mann vom Niederrhein zwar schon seit frühester Jugend beseelt, sein beruflicher Werdegang jedoch so wild wie die Bremspunkte seiner Rennstreckenkarriere: Lehre zum Elektriker bei Thyssen in Duisburg, gebrauchte Mopeds nach Holland verscherbelt, GSX-R 1100 gekauft, Studium begonnen, bei einem Motorrad- Zubehörbastler eingestiegen und dafür das Studium kurz vor Ende gekippt; in den Neunzigern als Stuntfahrer Geld verdient, Harley-Cup gerockt, Suzuki-Speer-Cup gefräst und sich als Auspuff-Importeur selbstständig gemacht; Firmenhalle gebaut und die „Bike-Watch“ entwickelt. Der Bauch wuchs mit den Jahren, aber seiner Haarpracht – kurz „Vokuhila“ genannt – hielt Norbert die Treue.
DU KANNST DAS!
Vorne kurz, hinten lang“, im Grunde eine prima Konstante, die geradezu sinnbildlich für Büschs Wirken steht, auch für seine Wheelie-Künste aus alten Honda XR 600 Tagen, die er heute noch immer auf jeder Kiste locker raushaut. Norbert legt den Holzhammer zur Seite, fängt an zu erzählen, wie er zur Blechbearbeitung kam. Erst 2013, nach diversen Motorrad-Umbauprojekten, meldete er sich zu einem mehrteiligen Intensivkurs an. Doch schon nach wenigen Tagen war der Ausbildungsmeister mit seinem Latein am Ende: „Du kannst das, was soll ich dir noch beibringen?“ Die weitergebenen Tipps sind natürlich güldenes Kapital. So benutzt Norbert heute, was ihm der alte Meister empfahl: Hämmer mit Bambusstiel gegen die Ermüdung, die Schweizer Elkrod-Blechbearbeitungsmaschine, das beste Englische Rad.
ENGLISCHES RAD?
„Ja, das Ding hier, die Rollenstreckmaschine.“ Und jetzt legt Norbert sich so richtig ins Zeug, um den ahnungslosen Laien ins eiskalte Blechwasser zu tunken: „Schau, ganz einfach. Wenn ich einen Kotflügel mache, muss ich innen strecken, aussen stauchen, dann ans Englische Rad und zwischen den beiden super gelagerten Rollen mit Gefühl und Luft vor und zurück. Du hörst und spürst doch die Unebenheiten.“ Nun ja, vermutlich spüren 99,9 Prozent der Menschen eben nix, und aus einem ehemals glatten Alublech entsteht unter einem Stümper grandioser Ausschuss – wie nach einem sinnlosen Silvesterbleigiessen. Aber selbst bei Norbert ist nicht jeder Tag eine Offenbarung. „Wenn es mir nicht von der Hand geht, fahre ich einfach Moped und habe dann eben nachts meinen Lauf. Nur die Vorbereitung der Clay-Modelle klappt immer, da habe ich jede Menge Spass.“ Apropos Clay: Von den Plastilin-Modellen macht er immer nur eine Seite, modelliert dann mit Alupapier und Paketband die Schnittmuster, nutzt diese auch spiegelverkehrt, zeichnet sie auf dem Alublech an, schnippelt aus und lässt dann den Hammer arbeiten.
POLO SCHRAUBERPROJEKT
Schritt für Schritt zum Unikat
Basis für den POLO Bike-Umbau ist die Suzuki Bandit 1250 S. Während Norbert Büsch die Aluminiumteile von Hand anfertigt, kümmert sich das POLO TechnikTeam um alle weiteren Features, die einen echten Café Racer aus dem Vierzylinder machen.
Vorgeschichte
Mit Schrauber-Profi Büsch hatten wir jede Menge Ideen entwickelt, und heraus kamen drei völlig unterschiedliche Konzepte, die wir Euch als Zeichnungen vorgestellt haben. Ihr durftet wählen, welcher der Entwürfe in die Realität umgesetzt werden soll, und habt Euch für den CAFÉ RACER entschieden.
BEI 330 GRAD PASST ES PERFEKT
Während Norbert wieder loslegt, erklärt er die schwarzen, wild gepinselten Edding-Striche auf den Aluminiumteilen. „Ein eleganter Trick, um die Temperatur für das spannungsfreie Glühen zu bestimmen. Bei 330 Grad färbt sich der Edding von Schwarz auf Braun. Dann passt das perfekt.“ Perfekt passen ist auch das Stichwort, wenn Norbert final am Englischen Rad arbeitet. „Streckbeulen“ und „Stauchränder“ verschwinden wie von Zauberhand unter dem Druck und der Bewegung des Blechflüsterers. Zeit auch für uns, zu verschwinden. Lassen wir Meister Büsch in Ruhe seine Arbeit vollenden.
GESCHAFFT: SO SIEHT DAS FERTIGE BÜSCH-BIKE AUS
DER EINZIGARTIGE CAFÉ-RACER, HANDGEFERTIGT VON NORBERT BÜSCH. EIN ECHTES UNIKAT EBEN. Die handgedengelte Halbschale mit Stummel-Lenker ergeben eine kompakte, versammelte Sitzposition. Der neue von Hand gedengelte Aluminium-Tank im klassischen Look erhält tiefe Knie-Dellen, um dieses Edel-Fass mehr in den Mittelpunkt zu rücken. Der ebenfalls handgedengelte Aluminium-Höcker betont, bewusst klassisch rund gehalten, die Linie dieser Maschine. Schick, schick... oder was meint Ihr?